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Friedrich Lensch

Die Jahre vor 1933
Biografisches
Biografisches
Politische Einstellung
Politische Einstellung

Friedrich Karl Lensch wurde am 10.08.1898 in Neugalmsbüll im Kreis Nordfriesland geboren und starb am 05. Januar 1976 in Hamburg. 1930 wurde er nach Paul Stritter1 Direktor der Alsterdorfer Anstalten. Schon seine Familie war eng mit der Kirche verbunden.2


Seine Kindheit verbrachte Lensch in Neugalmsbüll, 1910 zog

seine Familie nach Elmshorn in Holstein um. Nachdem er 1917

anfing, in Marburg Theologie zu studieren, wurde er im Sommer

1918 eingezogen und erlebte das Kriegsende als Soldat in

Russland. Deswegen trat er dem Stahlhelm bei, einer

rechtskonservativen Vereinigung ehemaliger Soldaten des

1. Weltkrieges. Danach führte Lensch sein Theologiestudium in

Halle, Tübingen und Kiel fort.3

 

Nach dem Examen in Kiel und seinem Vikariat war er für kurze

Zeit in Preetz tätig.4 Die Prüfungen hat er 1923 in Kiel gut

absolviert. 1924 trat er eine Stelle als Seemannspastor in

England an.5

 

Dieses Amt übte er zuerst in Großbritannien/ South Shields aus

und dann ging er 1927 nach Hamburg und wurde der erste

Seemannspastor Deutschlands. In Hamburg war er dann

zeitweise auch arbeitslos, machte Schiffsbesuche, sorgte sich um Kranke und war bei Veranstaltungen in Heimen.6

 

Drei Jahre später wurde Lensch Direktor der Alsterdorfer Anstalten, wobei er nicht der Wunschkandidat des Vorstands war. Erst als alle anderen Gefragten absagten, wurde er Direktor. Lensch mochte es zu malen, er hat auch das Kirchenbild an der Wand der Kirche der Alsterdorfer Anstalten gemalt.7

 

Doch als Lensch 1930 die Stelle als Direktor antrat, zeigte sich bald, dass er – mit seinen 32 Jahren – in vielen Bereichen der Arbeit überfordert war.8 Er hatte in den Alsterdorfer Anstalten die Aufgabe, für die Ausbildung des bis dahin ungeschulten Pflegepersonals und für die Seelsorge der Kranken zu sorgen.9

 

So kosteten ihn einige Aktionen fast das Amt – etwa als er versuchte, die Schwesternschaft neu zu gestalten, und als er sich mit den Mitarbeitenden über deren Verbindung zur Deutschen Arbeitsfront (DAF) auseinandersetzte.10

 

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, wurde der Stahlhelm aufgelöst und alle Mitglieder des Stahlhelms wurden Mitglieder der SA (Sturmabteilung) und somit wurde auch Friedrich Lensch. Seine Familie bestand aus ihm, seiner Frau (Elisabeth Timm) und seinen zwei Söhnen (Peter und Timm ). Peter wurde am 21.4.1931 geboren, Timm am 27.4.1937.11

Abb. 7 Friedrich Lensch, aus: Fotografien aus dem Archiv der Alsterdorfer Anstalten, ausgehändigt vom Archivleiter Harald Jenner.

Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

2 LKAK, 12.03 (Personalakten der Nordelbischen Kirche), Nrn. 737-741.

3 Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

4 LKAK, 12.03 (Personalakten der Nordelbischen Kirche), Nrn. 737-741.

5 Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

6 LKAK, 12.03 (Personalakten der Nordelbischen Kirche), Nrn. 737-741.

7 Jenner, Harald: Friedrich Lensch und die Alsterdorfer Anstalten, in: Michael Wunter et al.: Auf dieser schiefen Ebene, Stuttgart 2016, S. 228f.

8 Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

9 LKAK, 12.03 (Personalakten der Nordelbischen Kirche), Nrn. 737-741.

10 Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

11 LKAK 12.03 (Personalakten der Nordelbischen Kirche), Nr. 1618.

12 Genkel, Ingrid: Pastor Friedrich Lensch – ein Beispiel politischer Theologie, in: Michael Wunder et al.: Auf dieser schiefen Ebene, Stuttgart 2016, S.92.

13 https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Lensch, Stand 26. Januar 2017

14 Dtv-Lexikon Band 17, Wiesbaden 1980, Seite 241.

15 https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Lensch, Stand 26. Januar 2017

16 zit. Nach s.o., S.96f.

17 Interview mit Stephan Linck, Teil 2, Minute 17:30-19:00

18 Vgl. s.o., S. 97f.

19 zit. nach: Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

20 Genkel, Ingrid: Pastor Friedrich Lensch – ein Beispiel politischer Theologie, in: Michael Wunder et al.: Auf dieser schiefen Ebene, Stuttgart 2016, S. 91.

21 Viitanen, Liisa: Ein Eugeniker an der Spitze – Direktor Friedrich Karl Lensch, in: Alsterdorf, Magazin der evangelischen Stiftung Alsterdorf, Nr. 25, August 2013, S.10.

22 Genkel, Ingrid: Pastor Friedrich Lensch – ein Beispiel politischer Theologie, in: Michael Wunder et al.: Auf dieser schiefen Ebene, Stuttgart 2016, S. 98.

Pastor Friedrich Lenschs politische Einstellung wurde sehr von seinen religiösen Vorstellungen geprägt. Diese waren unter anderem von Paul Althaus, einem 1888 geborenen evangelischen Theologen, beeinflusst. Lensch übernahm schon 1927 dessen lutherischen Antisemitismus. Auch der Ausschaltung des jüdischen Einflusses in Deutschland stimmte er zu, wobei er zunächst gegen die Anwendung von Gewalt war. Zu Beginn seiner Amtszeit in den Alsterdorfer Anstalten 1930 ist er noch der festen Überzeugung, es gebe kein lebensunwertes Leben, weil von Gott alle Menschen Wert und Würde verliehen wurden.12

 

Diese Einstellung spiegelte sich auch in seiner politischen Meinung. Schon in der Weimarer Zeit war er Mitglied des “Stahlhelm Bund der Frontsoldaten”,13 einem Wehrverband aus der Weimarer Zeit, der mit der konservativen, deutschnationalen Volkspartei (DNVP) verbunden war.14 Ab 1934 gehörte Lensch der nationalsozialistischen Vereinigung SA an.15

 

Die Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 begrüßte Pastor Lensch und sah dieses Ereignis als eine gottgegebene Entwicklung. Das kommt auch in der folgenden Äußerung zum Ausdruck:

„Mit großer, tiefer Freude haben wir das Heimkehren unseres Volkes erleben dürfen, zum Vaterland und Vaterhaus, mitkämpfend und mitsorgend, spannungsreiche Tage und Nächte gewacht, mitbetend, daß diese Umkehr doch eine Heimkehr werde zum ewigen Vater.“16

Daher akzeptierte er auch den rassistischen Ansatz in der nationalsozialistischen Gesetzgebung, denn er war der festen Überzeugung, dass Hitler im Geist des Evangeliums handle.

Allerdings kann man ihn als „Nazi zweiter Klasse“ bezeichnen, da er nicht vor 1933 in die NSDAP eingetreten war. Also diese 1933 einen Aufnahmestop verhängte, traten viele alternativ in die SA ein, wie auch Friedrich Lensch.17

Auch die Sterilisation von geistig Behinderten wurde von ihm akzeptiert, da er sie als erblich belastet ansah, obwohl er vor 1933 dieser noch zurückhaltend gegenüber stand.18 1934 sagte er zu diesem Thema, es gäbe die »zwei Wege der Eugenik, einmal die Vermehrung der Hochwertigen und sodann die Verhinderung der Fortpflanzung der erbbiologisch Minderwertigen«.19

Lensch wurde außerdem schon kurz nach Aufnahme seiner Tätigkeit als Leiter der Alsterdorfer Anstalten Mitglied im »eugenischen Centralausschuss« für Innere Mission und hielt Vorträge zum Thema Erbgutgesundheitsforschung. Bei seiner Amtseinführung 1930 in den Alsterdorfer Anstalten, äußerte Lensch sich noch gegen alle, die Behinderte als nutzlos betrachteten und ausmerzen wollten. Obwohl er auch nach 1933 der Euthanasie abgeneigt war, leistet er dem Staat stets Gehorsam.20 In diesem Zuge überwies er später viele Bewohnerinnen und Bewohner in Krankenhäuser zum Zweck der Sterilisation.21

Auch dass 1938 die jüdischen Bewohner der Alsterdorfer Anstalten unter seiner Leitung ausgewiesen wurden, zeigt, dass seine frühere Meinung, man solle ohne Gewalt vorgehen, von seinem Glauben an Hitler und seine Versprechen für die deutsche Volksgemeinschaft verdrängt worden war. „Wir sind dem Führer manches Opfer schuldig im Hinblick auf das, wovor er uns bewahrt hat, nämlich dem Chaos des Kommunismus und der Gottlosigkeit“ sagte Lensch in Bezug auf die Verdrängung der Inneren Mission zugunsten der Volkswohlfahrt und des Winterhilfwerks. Für ihn war Hitler der „Gute Hirte“ und seine Darstellung Hitlers verschwamm immer mehr mit dem Bild Jesus.22

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